Monatelang im Bewerbungsprozess – Jobsuche in Japan

In Deutschland spricht man häufig von der Generation Praktikum. Nach einem erfolgreich beendeten Studium finden nur wenige Absolventen direkt eine feste Stelle, denn überall wird nach Berufserfahrung verlangt. Häufig hangelt man sich von Praktikum zu Praktikum bis es irgendwann vielleicht doch mit der Festanstellung klappt. In Japan ist der Studienabgänger häufig im Vorteil bei der Stellensuche, denn die vielen Firmen haben Stellengesuche speziell für Studienabgänger. Doch wie genau funktioniert die Jobsuche in Japan?

Jobsuche schon während des Studiums

Während in Deutschland Studenten meist gegen Ende des Studiums oder nach Abschluss mit Bewerbungen anfangen, sind Japaner damit viel früher dran. In einem 4-jährigen Studium muss man bereits im 3. Studienjahr mit der Jobsuche beginnen. Firmen die Studienabgänger einstellen, haben einen festen Zeitplan, was den Einstellungsprozess angeht. Dieser ist oft sehr langwierig und beginnt mehrere Monate vor dem eigentlichen Eintrittsdatum in die Firma. So haben die meisten Uni-Absolventen schon lange vor ihrem Abschluss einen Job in der Tasche.

Bewerbung nach Vorschrift

Der Bewerbungsprozess beginnt in der Regel mit einem Setsumeikai, das ist eine Veranstaltung, wo die Firma sich selbst vorstellt und einen Einblick darin gibt, wie das Arbeitsleben dort aussehen könnte. Es werden viele bunte Power Point Präsentationen vorbereitet und man versucht, die Firma möglichst gut aussehen zu lassen. Jede Firma hat einen genauen Zeitplan, wann sie mit dem Bewerbungsprozess beginnt und wer sich nicht rechtzeitig für ein Setsumeikai anmeldet, der hat Pech gehabt.

Wer sich nach dem Besuch dieser Veranstaltung bewerben möchte, muss dann in der Regel ein Entry Sheet ausfüllen. Digital oder per Hand trägt man dort die üblichen Daten ein, die auch im Lebenslauf zu finden sind. Dazu werden oft auch noch Fragen nach den persönlichen Stärken, den Gründen für die Bewerbung etc. gestellt. Während man in Deutschland seinen Lebenslauf und das dazugehörige Anschreiben frei gestalten kann, bekommt man in Japan von der Firma ein Format vorgegeben.

Mehrere Interviews und Bewerbungstests sind an der Tagesordnung

Hat man es nun geschafft, dass das eigene Entry Sheet ausgewählt wurde, kommt der nächste Schritt im Bewerbungsprozess. Dieser ist entweder ein erstes Vorstellungsgespräch oder ein Einstellungstest. Viele Firmen laden Kandidaten zu mehreren Vorstellungsgesprächen ein und packen zwischendurch noch den einen oder anderen Test dazu.

Als Einstellungstest wir meist der sogenannten SPI Test verwendet. Das ist ein Test, der Fähigkeiten in der Mathematik und im Japanischen abfragt. Man absolviert ihn am Computer. Hier kommt man nur weiter, wenn man die von der Firma gesetzte Mindestpunktzahl erreicht hat. Der Test ist ein Instrument, um bei vielen Bewerbern automatisch die Besten auszusieben. Ich finde ihn aber nur bedingt geeignet, da die im Test abgefragten Fähigkeiten oft nur wenig im Bezug zu der Stelle stehen und es mehr darum geht, wie intensiv sich ein Bewerber auf den Test vorbereitet.

Das erste Interview ist häufig ein Interview mit Angestellten aus der HR-Abteilung. Es wird auch gerne als Gruppeninterview durchgeführt, umso mehrere Kandidaten auf einmal interviewen zu können. Danach folgen Interviews mit Angestellten aus anderen Abteilungen, später dann mit Managern und am Schluss kommt ein Interview mit dem Geschäftsführer. Der ganze Prozess zieht sich oft über mehrere Monate und da Studenten sich ja nicht nur bei einer Firma bewerben, haben viele in der Bewerbungszeit kaum Zeit um sich auf das Lernen an der Universität zu konzentrieren.

Warum das Ganze?

Hier fragt man sich vielleicht, warum es so viele Interviews braucht. Ich vermute, es liegt daran, dass es in Japan traditionell so ist, dass man das ganze Leben lang bei einer Firma arbeitet. Daher will man natürlich beim Einstellen neuer Mitarbeiter auch ganz sichergehen. Mittlerweile sind Jobwechsel auch in Japan normal geworden, das Bewerbungssystem ist aber noch beim Alten geblieben.

Ein weiter Grund könnte sein, dass Japaner gerne die Verantwortung unter sich aufteilen. Wenn ein Kandidat durch mehrere Auswahlverfahren geht, sind mehrere Angestellte für seine Einstellung verantwortlich. Stellt sich der neue eingestellte Mitarbeiter dann als ungeeignet für den Job heraus, ist keiner allein daran schuld.

Ich persönlich finde allerdings, dass hier viel Zeit verschwendet wird. Wer im Interview überzeugen kann, ist nicht automatisch gut im Job. Egal wie viele Interviews man führt, man wird erst nach ein paar Monaten einschätzen können, wie gut der neue Mitarbeiter tatsächlich ist. Auch dem Bewerber helfen die Interviews wenig, die Firma besser kennenzulernen, da sich die Angestellten dort natürlich von der besten Seite zeigen und man erst später merkt, was einem an dem Job gefällt und was nicht.

In der Hinsicht ist das Praktikum in Deutschland eigentlich eine gute Möglichkeit, für Firma und Bewerber sich besser kennenzulernen und eine Vorstellung davon zu bekommen, worauf man sich einlässt, solange es nicht ausgenutzt wird, um billige Arbeitskräfte zu bekommen.

Was halten Sie von dem Bewerbungsprozess in Japan? Finden Sie man sollte den Studenten mehr Zeit geben, um sich auf ihr Studium zu konzentrieren?

Comments

(0 Comments)

メールアドレスが公開されることはありません。 が付いている欄は必須項目です

CAPTCHA